Von Geburt an hatte ich eine hochgradige Schallleitungsschwerhörigkeit (Synonym: Mittelohrschwerhörigkeit) auf beiden Seiten. Durch Verkümmerung der Gehörknöchelchens meines Mittelohrs ist die Schallübertragung gestört. Das heißt, dass Töne für mich in einem höheren Dezibelbereich liegen oder durch Hörgeräte verstärkt werden müssen. Bei entsprechend hoher Lautstärke habe ich ein 100% Wörterverständnis. Töne, die über die Luft transportiert werden, höre ich schlechter als Töne, die über Schädelknochen aufgenommen werden.
Meine Schwerhörigkeit wurde nicht gleich nach meiner Geburt erkannt. Erst als ich ca. zwei Jahre alt war, merkte meine Mutter, dass ich bspw. auf Türknallen nicht reagierte.
Was Anfang der 1990er Jahre folgte waren zahlreiche Untersuchungen und drei große Operationen im linken Ohr um ein künstliches Mittelohr (Tympanoplastik) einzusetzen, plus mehrere OP's zum Fädenziehen im Kleinkindalter. Nun bin ich "nur" noch mittgradig schwerhörig - und habe somit eine Schwerbehinderung von 50%. Bis dahin und eine Weile danach trug ich ein ziemlich umständlich sitzendes Knochenleitungshörgerät. Als meine Ohren groß genug waren, bekam ich ein übliches Hinter-dem-Ohr-Gerät, das ich bis heute trage.
Die Verzögerung, die ich in meiner Sprachentwicklung hatte, wurde in Sitzungen mit Sprachpädagogen aufgeholt und meine Ausdrucksfähigkeit gefördert.
Mit sechs Jahren wurde ich in eine Regelgrundschule eingeschult, nach vier Jahren schaffte ich ohne Anstrengung den Sprung auf das Gymnasium. Auch das durchlief ich ohne Verzögerung. Ein sonderpädagogischer mobiler Dienst stand mir zur Verfügung, viel Unterstützung benötigte ich nicht. Mit dem Abitur in der Tasche brauchte ich ein halbe Jahr, um mich für Studiengang und Hochschule zu entscheiden. Dieses Zögern hat sich ausgezahlt: in meinem BWL-Studium an einer Fachhochschule blühte ich richtig auf und wurde aufgrund meiner Leistungen in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen. Während des Hauptstudiums durfte ich außerdem an einem Hochschulprogramm eines internationalen, Großunternehmens teilnehmen. Mit dem Studium bin ich nun fertig, spreche fließend Englisch und arbeite nun in der Unternehmensberatung.
Wie man sieht, für Außenstehende wirkt dies wie ein ganz normaler Lebenslauf.
Mittwoch, 15. Juni 2011
Mut machen
Dieser Blog soll all denjenigen Mut machen, die mit dem Thema Schwerhörigkeit zum ersten Mal konfrontiert werden und verunsichert sind, was das für sie oder ihre Kinder bedeutet. Schwerhörige erhalten oft einen Schwerbehindertenausweis. Doch muss eine Schwerhörigkeit nicht bedeuten, im privaten, schulischen und beruflichen Alltag auffallend eingeschränkt zu sein. Deshalb möchte ich meine eigene Geschichte schildern, meine Hörbehinderung erläutern und darüber berichten, was ich daraus gemacht habe und mache. Auch mit einer Hörbehinderung kann man ein Leben leben, das sich von dem Guthörender nicht unterscheidet! Sicher erfordert es zusätzliche körperliche und psychische Leistung, um den Hindernissen, die sich automatisch und durch den Umgang mit Mitmenschen in den Weg gelegt werden, zu meistern. Doch mit Alternativstrategien und -fähigkeiten kann man diese Wege auch erfolgreich beschreiten. Es ist nur eine Vermutung, doch ich glaube, dass ich mich durch meine Schwerhörigkeit auf eine bestimmte Weise entwickelt habe, der ich meinen Erfolg in Schule, Studium, Beruf und Sozialleben zu verdanken habe.
Über all diese Dinge möchte ich an dieser Stelle berichten. Ich hoffe, dadurch Ängste nehmen zu können und Mut zu geben.
Über all diese Dinge möchte ich an dieser Stelle berichten. Ich hoffe, dadurch Ängste nehmen zu können und Mut zu geben.
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